Bestandsdatenblatt

Alaska-Seelachs im Ochotskischen Meer

gültig 12/2011 – 06/2012

Alaska-Seelachs im Ochotskischen Meer

gültig 12/2011 – 06/2012

Zugehörige Fischart

Alaska-Seelachs

Allgemeine Informationen


Ökoregion:Ochotskisches Meer
Fanggebiet:Ochotskisches Meer FAO 61
Art:Gadus chalcogrammus (Theragra chalcogramma)

Wissenschaftliche Begutachtung

Russisches Forschungszentrum für Pazifik-Fischfang, (TINRO-Center), www.tinro-center.ru/eng (auf Russisch, aktuelle Dokumente nicht verfügbar)

Methode, Frequenz

Jährliche Bestandsberechnung mit Vorhersage unter Verwendung von Fangdaten und hydroakustischen Bestandsabschätzungen, sowie Daten aus mehreren unabhängigen wissenschaftlichen Forschungsreisen. Ziel- und Limit-Referenzpunkte für fischereiliche Sterblichkeit (F) und Biomasse sind für Untergebiete definiert, die Werte verschiedener Quellen weichen aber voneinander ab und eine abschließende Klärung steht noch aus. Zu F liegen keine Informationen vor. Fangempfehlungen werden auf Basis der Bestandsanalyse gegeben. Biomassedaten werden mit einer zweijährigen Verzögerung veröffentlicht, die Angaben in der Tabelle „Bestandszustand“ beziehen sich daher ausnahmsweise auf 2009. Die hier verwendeten Informationen stammen zum Teil aus Sekundärliteratur. [337] [341] [343]

Wesentliche Punkte

2011: Die Biomasse dieses Bestandes liegt über den verschiedenen Ziel-Referenzpunkten (Daten 2009). Um den Konsumenten vor radioaktiv belasteten Lebensmitteln zu schützen, besonders nach dem Reaktor-Unglück im japanischen Fukushima, führt die EU regelmäßige Importkontrollen durch; Eigenkontrollen der deutschen Industrie ergänzen diese Untersuchungen. Die Kontrollen aus dem gesamten Pazifik zeigen, dass bislang keine belasteten Fischereierzeugnisse in die EU eingeführt werden. Die entsprechenden Informationsquellen werden regelmäßig aktualisiert (siehe Literaturquellen für entsprechende Links). [343] [346] [347] [348]

Bestands­zustand

Laicherbiomasse (Reproduktionskapazität)

  Referenzwerte nicht definiert (nach Vorsorgeansatz)

  innerhalb der Schwankungsbreite um den Zielwert (nach Managementplan)

  Referenzwerte nicht definiert (nach höchstem Dauerertrag)

 

Fischereiliche Sterblichkeit

  unbekannt (nach Vorsorgeansatz)

  unbekannt (nach Managementplan)

  unbekannt (nach höchstem Dauerertrag)

 

Bestands­entwicklung

Dieser Alaska-Seelachs Bestand zerfällt in vier Unterpopulationen (siehe „Karten“), die hier gemeinsam behandelt werden. Die Russische Fischerei auf diesen Bestand begann in den 1960er Jahren, die ersten bedeutenden Anlandungen wurden 1962 mit 35.000 t getätigt. Die industrielle Nutzung des Bestandes begann 1965 und die Anlandungen stiegen fast kontinuierlich an, bis 1975 das erste historische Maximum erreicht wurde. Nach einigen Schwankungen folgte 1985-1997 eine zweite Phase hoher Anlandungen (Ausweitung der Fischerei in nördliche Bereiche des Ochotskischen Meeres). Nach erneuter Abnahme wurde 2004 ein Minimum von 394.000 t erreicht, danach ist jedoch wieder ein fast stetiger Anstieg zu beobachten. Vor 1995 unterlag die Biomasse starken Schwankungen, und nahm nach 1995 kontinuierlich bis auf ein historisches Minimum 2000-2001 ab. Nach 2001 stieg die Biomasse stetig an und lag 2009 über den verschiedenen Zielwertangaben. Der starke 2009er Bestand beruht zu 80% auf den starken Jahrgängen 2004 und 2005. Die Fischerei außerhalb der Russischen autonomen Wirtschaftszone im sogenannten „Peanut Hole“ begann gegen Ende 1980. Diese nicht regulierte Fischerei produzierte in den Jahren 1991-94 Höchstanlandungen von 698.000 t. Seit 1995 konnten diese Anlandungen eingeschränkt werden. [339] [338] [343]

Ausblick

Aufgrund der unzureichenden Verfügbarkeit von Informationen ist ein Ausblick für diesen Bestand von unserer Seite nicht möglich. Bei weiter steigender Biomasse werden die Höchstfangmengen aber wahrscheinlich zumindest nicht sinken.

Umwelt­einflüsse auf den Bestand

Die Fangmöglichkeiten von Alaska-Seelachs hängen generell vom periodischen Auftreten starker Jahrgänge ab, die wiederum den schwankenden Umweltbedingungen unterliegen. Starker Einstrom von Pazifik-Wasser bildet in Kombination mit milden Eisbedingungen gute Vorbedingungen für eine starke Nachwuchsproduktion. Eine kalte Periode nach 1998 hat die Produktivität von Alaska-Seelachs im Ochotskischen Meer reduziert. Wärmeres Wasser hingegen führte zu einem sehr starken 2004er Jahrgang. Eine Veränderung der klimatischen Lage in 2008 könnte wiederum zu einer Reduzierung der Biomasse führen. Wahrscheinlich gibt es in warmen Jahren u.a. eine bessere Verfügbarkeit von Nahrung, junge Fische haben eine höhere Anfangs-Wachstumsrate und damit eine erhöhte Überlebensrate. [338] [339]

Wer und Wie

Das Fischereimanagement in Russland hat in den letzten 20 Jahren erhebliche Veränderungen erfahren. Es erfolgt jetzt durch die Bundesbehörde für Fischerei auf Basis verschiedener Gesetze, die zum Teil noch in der Erarbeitung sind. Diese Behörde ist für diverse fischereiliche Angelegenheiten zuständig. Sie legt auch die Höchstfangmengen (TACs) fest, nachdem die wissenschaftlichen Empfehlungen von verschiedenen Gremien überprüft und ggf. modifiziert wurden. Für das Ochotskische Meer werden meist vier getrennte TACs für die Gebiete Nord-Ochotsk, Ost-Sachalin, West-Kamtschatka und Kamtschatka-Kurilen festgelegt (die zwei letzten manchmal als Ost-Ochotsk zusammengefasst). Ein geringer Teil der jeweiligen TACs wird der kleinen Küstenfischerei zugeordnet. Die Bewirtschaftung erfolgt außerdem über saisonale Gebietsschließungen (siehe „Struktur und Fangmethode“) sowie technische Regularien. Der Einsatz von Grundschleppnetzen ist in der russischen Alaska-Seelachs-Fischerei verboten. 2006 wurde die „Russian Pollock Association” (RPA) als ein Zusammenschluss der größten russischen Fischerei Unternehmen gegründet. Neben Marketing, Forschung und Zusammenarbeit mit den Behörden stellt die RPA auch englischsprachige Dokumente (Übersetzungen und eigene) mit wissenschaftlichen Informationen zur Verfügung. Die RPA is ausserdem fuer die Anträge zur Zertifizierung der Alaska-Seelachs-Fischerei unter dem MSC-Siegel zuständig. [344] [341] [343] [351]

Differenz zwischen Wissen­schaft und Management

Das System zur Festlegung der Höchstfangmengen wird als sehr robust beschrieben. Grundlage sollen nur biologische, keine sozialen und ökonomischen Aspekte sein. Da die wissenschaftlichen Empfehlungen nicht zugänglich sind, kann kein Vergleich zwischen Wissenschaft und Management vorgenommen werden. Seit 1997 wurden die erlaubten Höchstfangmengen offiziell meist nicht ausgefischt. Vor 1997 gab es teilweise erhebliche Überschreitungen, z. B. wenn die Fischerei in neue Gebiete ausgeweitet wurde. Siehe dazu aber auch „IUU-Fischerei“. [341] [343]

Karten

Verbreitungsgebiet

Managementgebiet

Alaska-Seelachs im Ochotskischen Meer wird nördlich von 50°N als ein Bestand betrachtet. Das Management erfolgt in vier Untergebieten: Nord-Ochotsk (NO), West-Kamtschatka (WK), Kamtschatka-Kurilen (KK) und Ost-Sachalin (OS). Das Zentrum des Ochotskischen Meeres gehört zu den internationalen Gewässern („Peanut Hole“). [337]

Anlandungen und TACs (in 1.000 t)

GesamtfangAnlandungen: 918,1 (bis 31.10.); hauptsächlich pelagische Schleppnetze, außerdem Snurrewaden (Danish seine) und Langleinen
TACs (Summe Untergebiete)2009: 869,4 2010: 969,8 2011: 970,0 2012: 862,0 (ohne Ost-Sachalin?) [343] [354] [360] [356] [393]

IUU-Fischerei

Illegale Fischerei war lange Zeit ein Problem im Ochotskischen Meer, große Mengen illegal gefangener Fisch und Rogen wurden in fremden Häfen (z.B. in Südkorea) angelandet. Schätzungen der Anlandungen durch die IUU-Fischerei basieren u. a. auf der Menge von exportiertem Rogen im Verhältnis zur tatsächlich erlaubten Höchstfangmenge (TAC). Für 2005 wird von einer Überfischung des TACs im Ochotskischen Meer von 33% ausgegangen. Um eine bessere Kontrolle zu ermöglichen, müssen seit Januar 2009 alle Fischereiprodukte aus der russischen autonomen Wirtschaftszone innerhalb des russischen Zollgebietes angelandet werden. 2010 hat Russland ein FAO-Abkommen unterzeichnet, mit dem Ziel den Handel mit illegal gefangenem Fisch zu unterbinden. Verschiedene bilaterale Abkommen mit fast allen pazifischen Anrainerstaaten (z.B. China, Japan, Nordkorea, Südkorea und den USA) dienen dem gleichen Zweck. Diese Maßnahmen haben die illegalen Fischereiaktivitäten wahrscheinlich erheblich gesenkt, wenn auch nicht komplett unterbunden. Es gibt keine aktuellen Schätzungen über das illegale Fischereiaufkommen. [340] [341] [342]

Struktur und Fangmethode

Die Fischerei findet hauptsächlich im Winter und Frühling von Januar bis Anfang April statt (A-Saison). In dieser Vor- und Hauptlaichzeit bildet Alaska-Seelachs dichte Ansammlungen von Fischen. Zum Einsatz kommen überwiegend große und mittelgroße Fahrzeuge, die mit pelagischen Schleppnetzen küstenfern fischen. Die B-Saison beginnt im Oktober bzw. November. Darüber hinaus gibt es eine kleine Küstenfischerei, die mit Snurrewaden (Danish seine) durchgeführt wird, aber durch die Eisbedeckung saisonal sehr eingeschränkt ist. Diese Fischerei unterliegt weniger restriktiven saisonalen Beschränkungen. [337] [341] [342]

Beifänge und Rückwürfe

Die Fischerei mit pelagischen Schleppnetzen kann fast ohne unerwünschte Beifänge durchgeführt werden. Beifänge variieren etwas nach Gebiet und Jahreszeit, liegen im Schnitt aber bei etwa 1% bezogen auf den Gesamtfang. Beifang von Arten, für die Höchstfangmengen (TACs) festgesetzt wurden (z.B. pazifischer Hering), ist bis zu 2% vom Gesamtfang der Zielart erlaubt. Verbotene Arten (z.B. weibliche Krabben) müssen möglichst unverletzt wieder über Bord gegeben werden. Es gibt Hinweise auf den Rückwurf von zu kleinen Alaska-Seelachsen. [342] [345] [343]

Einflüsse der Fischerei auf die Umwelt

Die Fischerei auf Alaska-Seelachs wird mit pelagischen Schleppnetzen durchgeführt, die wenig bis gar keine Grundberührung und somit keinen mechanischen Einfluss auf die Bodenlebewesen haben. Inspektoren an Bord sind befugt bei Anzeichen für Grundberührung (z.B. typische Bodenbewohner in den Fängen) Strafen zu verhängen. Es wird außerdem explizit darauf hingewiesen, dass es durch den Einsatz von pelagischen Schleppnetzen im Ochotskischen Meer so gut wie nie zu Verlust des Fanggerätes kommt. Alaska-Seelachs ist Hauptnahrungsquelle für Stellersche Seelöwen. Die Fischerei kann daher einen negativen Einfluss auf den Bestand dieser nach IUCN Kriterien stark gefährdeten (EN) Art haben. Ihr Bestand nimmt aber z.B. im nördlichen Teil des Ochotkischen Meeres zu. [345] [343] [384]

Biologische Besonder­heiten

Wenn der Alaska-Seelachs-Bestand aus mehreren starken oder sehr starken Jahrgängen besteht, ermöglicht er eine gute Fischerei. Die Fangmöglichkeiten sind dagegen gering, wenn die fischbare Biomasse aus nur einem starken Jahrgang besteht. [338]

Zusätzliche Informationen

Ein großer Teil des Ochotskischen Meeres friert im Winter zu. Bei schweren Eisbedingungen wie im Winter 2010/2011 können auch große Fischereischiffe im Eis gefangen werden; sie müssen dann von Eisbrechern befreit werden. [355]

Zertifizierte Fischereien

Es ist bislang keine Alaska-Seelachs-Fischerei im Ochotskischen Meer nach einem der gängigen Nachhaltigkeitsstandards zertifiziert. Eine Fischerei befindet sich im Bewertungsverfahren nach den Standards des Marine Stewardship Councils (MSC) [4] Siehe http://www.msc.org/track-a-fishery/in-assessment/pacific/russia-sea-of-okhotsk-pollock

Soziale Aspekte

Im Ochotskischen Meer ist Alaska-Seelachs die wertvollste Fischart. Die Alaska-Seelachs-Fischerei ist die größte Fischerei Russlands. Der Fisch wird aus Russland weltweit exportiert, Asien (pazifischer Raum), Nord-Amerika und Europa sind die größten Abnehmer. Die Fischerei wird hauptsächlich von russischen Fahrzeugen durchgeführt. Die Arbeitsbedingungen an Bord und die Entlohnung richten sich nach den Landesregeln. [339] [341] [342]

AutorJahrTitelQuelle
[4]Marine Stewardship Council (MSC)Fisch und Meeresfrüchte aus zertifiziert nachhaltiger Fischereimsc.org
[13]Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE)Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) Homepageble.de
[14]Fisch-Informationszentrum e.V. (FIZ)Fisch-Informationszentrum e.V. Homepagefischinfo.de
[337]TINRO2010Assessment methods of Alaska pollock stock in the Sea of Okhotsk and West-Bering Sea. Annual stock surveys and substantiation of TAC. Translated by Pollock Catchers Association
[338]Radchenko VI, Dulepova EP, Figurkin AL, Katugin ON, Ohshima K, Nishioka J, McKinnell SM, Tsoy AT2010Status and trends of the Sea of Okhotsk region, 2003-2008, pp. 268-299, In S.M. McKinnell and M.J. Dagg [Eds.] Marine Ecosystems of the North Pacific Ocean, 2003-2008. PICES Special Publication 4, 393 p.pices.int
[339]Kotenev BN, Bulatov OA2009Dynamics of the walleye pollock biomass in the Sea of Okhotsk, Scientific Report No. 36, 291-295pices.int
[340]Food and Agriculture Organization (FAO)Homepage: Agreement on Port State Measures (PSMA)fao.org
[341]Russian Pollock Catchers Association (PCA)2010Information Submission for MSC Assessment of the Sea of Okhotsk and the West-Bering Sea. Principle 3 – Management Institutions PCA Information eingereicht 8. Juni 2010
[342]WWF2008Illegal fishing in arctic waters. Catch of today - Gone tomorrow?, International Arctic Programme, Oslo, Norway, 52 pageswwf.ru
[343]Russian Pollock Catchers Association (PCA)2010Information Submission for MSC Certification Assessment of Sea of Okhotsk – Principle 1 – Conservation of Target Stocks. PCA Information eingereicht 8. Juni 2010
[344]Federal Agency for FisheryOfficial website of the government of Russian Federation. Federal Agency for Fishery. Zugriff am 22. Nov. 2013government.ru
[345]Russian Pollock Catchers Association (PCA)2010Information Submission for MSC Certification Assessment of Sea of Okhotsk – Principle 2 Maintenance of Ecosystem Integrity PCA Information eingereicht 8. Juni 2010
[346]Bundesverband der deutschen Fischindustrie und des Fischgroßhandels e.V.2011Pressemitteilung: Fischereierzeugnisse aus dem Pazifik sind sicher! Hamburg, 12.7.2011fischverband.de
[347]European ComissionHomepage: European comission, energy, Fukushima nuclear emergencyeuropa.eu
[348]Thünen-InstitutHomepage: Leitstelle zur Überwachung der Umweltradioaktivität in Fischthuenen.de
[351]Russian Pollock Catchers Association (PCA)Homepage der Organisation Russian Pollock Catchers Associationpollock.ru
[354]Federal Agency for Fishery veröffentlicht auf megafishnet.com2008Homepage: megafishnet.com, TACs 2009megafishnet
[355]RIA Novosti2011Ochotskisches Meer: „Schwimmende Konservenfabrik“ wartet auf Befreiung aus Eisfallerian.ru
[356]fishonline.ru2011TAC 2012 Ochotskisches Meer (in Russisch)fishonline.ru
[360]Federal Agency for Fishery veröffentlicht auf megafishnet.com2009Homepage: megafishnet.com, TACs 2010megafishnet
[384]IUCNIUCN Red List of Threatened Species. Version 2011.2. Downloaded on 09 February 2012iucnredlist.org
[393]Federal Agency for Fishery veröffentlicht auf megafishnet.com2010Homepage: megafishnet.com, TACs 2011megafishnet