Bestandsdatenblatt

Nördlicher (europäischer) Seehecht

Gültig 06/2012 - 06/2013

Allgemeine Informationen


Ökoregion:Nordsee, Keltischer und Biskaya-Schelf
Fanggebiet:westliche Ostsee (22-24), nördliche Biskaya (8.abd), nördliche Gebiete (3.a, 4, 5, 6, 7), ozeanischer Nordostatlantik (10, 12, 14) FAO 27
Art:Merluccius merluccius

Wissenschaftliche Begutachtung

Internationaler Rat für Meeresforschung (ICES), Kopenhagen, www.ices.dk

Methode, Frequenz

Jährliche analytische Bestandsberechnung mit Vorhersage unter Verwendung von Fangdaten und vier unabhängigen wissenschaftlichen Forschungsreisen. Es ist nur ein Referenzwert nach dem Konzept des höchsten Dauerertrages festgelegt (Fmsy). Rückwürfe gehen in die Berechnung ein, es gibt jedoch relativ wenige Daten dazu. Die historische Bestandsentwicklung wurde 2011 neu berechnet und bis 1978 ausgeweitet (zuvor nur bis 1990). Dadurch konnte die Qualität der Vorhersage erhöht werden. [357] [499]

Wesentliche Punkte

2012: Es konnte keine Berechnung des Bestandes durchgeführt werden, da die kommerziellen Fischereidaten der Hauptfangnation Spanien nicht vollständig zur Verfügung standen. Die Fangempfehlung für 2013 basiert auf den Berechnungen von 2011. Die Laicherbiomasse erreichte 2011 ein Rekordhoch, trotz fehlender Berechnung geht man davon aus, dass sie auch 2012 über allen potentiellen MSY-Referenzwerten (höchstmöglicher nachhaltiger Dauerertrag) liegt. [499]

Bestands­zustand

Laicherbiomasse (Reproduktionskapazität)

    unbekannt (nach Vorsorgeansatz)

  Referenzwerte nicht definiert (nach Managementplan)

    unbekannt (nach höchstem Dauerertrag)

 

Fischereiliche Sterblichkeit
 

  unbekannt (nach Vorsorgeansatz)

  unbekannt (nach Managementplan)

  unbekannt (nach höchstem Dauerertrag)

 

Da es 2012 keine neue Berechnung gab, wird der Bestand nach allen Bewirtschaftungskonzepten mit unbekannt klassifiziert. Die Grafik zeigt Daten der Begutachtung 2011.

Bestands­entwicklung

Die Laicherbiomasse des nördlichen europäischen Seehechts war zu Beginn der Zeitreihe vergleichsweise hoch (1980: 102.000 t), nahm dann aber kontinuierlich ab, bis Ende der 1990er Jahre das historische Minimum von 25.000 t erreicht wurde. Gleichzeitig stieg die fischereiliche Sterblichkeit stark an. Seit 1998 stieg die Biomasse zunächst langsam, seit 2008 schnell und erreicht 2011 den höchsten Wert der Zeitreihe. Die fischereiliche Sterblichkeit konnte in den letzten Jahren zwar gesenkt werden, lag bei der letzten Begutachtung 2011 aber noch immer über dem Referenzwert zur Erlangung des höchstmöglichen nachhaltigen Dauerertrages (Fmsy). Die Nachwuchsproduktion schwankt ohne klaren Trend. Zuletzt waren die Jahrgänge 2006 bis 2008 sehr stark, bevor 2009 einer der kleinsten Jahrgänge der Zeitserie auftrat. Auch der 2010er Jahrgang ist relativ klein. Die Bestandsentwicklung beinhaltet Daten bis 2011, da 2012 keine neue Berechnung durchgeführt werden konnte. [499] [500]

Ausblick

Die fischereiliche Sterblichkeit muss weiter gesenkt werden, damit der Bestand nach MSY bewirtschaftet wird. Bei der geringen Nachwuchsproduktion 2009 und 2010 werden die Fangmöglichkeiten daher trotz derzeit steigender Biomasse kurzfristig reduziert werden müssen. [499]

Umwelt­einflüsse auf den Bestand

Ökologische Faktoren und Umwelteinflüsse auf diesen Seehechtbestand werden zurzeit weder in der Begutachtung noch für die Bewirtschaftung berücksichtigt. [500]

Wer und Wie

Das Management erfolgt vor allem durch die Europäische Union. Seit 2004 gibt es einen Erholungs- bzw. Managementplan, dessen Zielwerte wegen der inzwischen völlig veränderten Wahrnehmung des Bestandes nicht mehr verwendet werden können. Er wird daher vom ICES nicht mehr als Basis für die Fangempfehlung genutzt. Ein Langzeit-Managementplan wird im Moment von der Europäischen Kommission entwickelt. Die Bewirtschaftung erfolgt über gebietsbezogene Höchstfangmengen (TACs) im Rahmen eines Gesamt-TAC für diesen Bestand (beinhaltet auch EU-Gewässer von IIa und Vb und int. Gewässer von Vb, XII und XIV). Außerdem gibt es Mindestanlandelängen und technische Regularien wie z.B. bestimmte Maschenweiten in unterschiedlichen Gebieten und Fischereien. Fänge aus diesem Bestand in der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) Norwegens sind nicht über TACs reguliert. [359] [380] [499] [500] [Norw. Ministerium für Fischerei und Küstenangelegenheiten, persönliche Mitteilung, Jan. 2012]

Differenz zwischen Wissen­schaft und Management

Vor 2006, insbesondere vor Implementierung des Erholungsplanes, wurden die Höchstfangmengen (TACs) teilweise erheblich höher als die Fangempfehlungen festgesetzt. Seit 2006 hat sich das Management dicht an die wissenschaftliche Empfehlung gehalten. 2007, 2011 und auch 2012 lag der TAC jedoch etwas höher. Anlandungen und Fänge lagen 2009 und 2010 deutlich über den erlaubten Mengen. In den Vorjahren gab es sowohl Über- als auch Unterschreitungen der erlaubten Fangmengen. [499]

Karten

Verbreitungsgebiet

Managementgebiet

Seehecht wird im Nordostatlantik als zwei getrennte Bestände (einen nördlichen und einen südlichen) bewirtschaftet. Der hier behandelte nördliche Bestand ist geografisch weit verbreitet (ICES Gebiete IIIa, IV, VI, VII und VIIIabd). Die Bewirtschaftung erfolgt über gebietsbezogene Höchstfangmengen (TACs) im Rahmen eines Gesamt-TAC, der auch die EU-Gewässer von IIa und Vb und internationale Gewässer von Vb, XII und XIV beinhaltet, nicht aber die Gewässer Norwegens und der Färöer-Inseln. [357] [499]

Anlandungen und TACs (in 1.000 t)

GesamtfangDaten für 2011 stehen nicht vollständig zur Verfügung. 2010 Gesamtfang: 79,6, Anlandungen 73,1, Rückwürfe 6,5 (nicht vollständig); davon Schleppnetze 31%, Langleinen 29%, Kiemennetze 20%, andere 21%
TACs2008: 54,0 2009: 51,5 2010: 55,1 2011: 55,1 2012: 55,1 [380] [499]

IUU-Fischerei

2010 und vermutlich auch 2011 lagen die Anlandungen erheblich über der erlaubten Fangmenge. Es gibt keine nicht zugeordneten Fänge. [499]

Struktur und Fangmethode

Seehecht wird in einer gemischten Fischerei mit Seeteufel, Flügelbutt und/oder Kaisergranat gefangen. Zum Einsatz kommen verschiedene Fanggeräte, die in unterschiedlichen Fischerei-Einheiten zusammengefasst sind. Die meisten Anlandungen kommen zurzeit aus ICES-Gebiet VII, aber die Anlandungen aus IIIa, IV und VI haben in den letzten Jahren zugenommen. Hauptfangnation ist Spanien. [13] [499] [500]

Beifänge und Rückwürfe

In einigen Gebieten und Flotten ist der Rückwurf von jungen Seehechten sehr hoch. Informationen über die Menge der Rückwürfe sind allerdings nur für einen Teil der Schleppnetzfischerei verfügbar, sie wird wahrscheinlich unterschätzt. Laicherbiomasse und Ertrag des Bestandes könnten erheblich steigen, wenn der Rückwurf von kleinen Seehechten reduziert würde. [499] [500]

Einflüsse der Fischerei auf die Umwelt

Durch den Einsatz von Grundschleppnetzen kann der Meeresboden geschädigt werden. Sie fangen neben den Zielarten auch Arten, die nicht kommerziell genutzt werden und deren Entnahme einen Einfluss auf das Ökosystem haben kann. Artenzusammensetzung, Biomasse und Nahrungsgefüge können sich erheblich verändern. In Kiemennetzen können Seevögel und Meeressäuger beigefangen werden, küstennah z.B. Schweinswale. In der Langleinenfischerei kommt der Beifang von Seevögeln vor. Verlorengegangene Geräte wie Kiemennetze können für eine gewisse Zeit weiterfischen (ghost fishing). Der Einfluss des „ghost fishing“ ist noch nicht quantifiziert worden, ist in flachen Bereichen (kleiner 200 m) aber kein signifikantes Problem. [7] [8] [30] [326]

Biologische Besonder­heiten

Dieser Bestand laicht von Februar bis Juli entlang der Schelfkante von der Biskaya bis südlich und westlich von Irland. Die Hauptlaichgebiete liegen in der Biskaya und südlich von Irland. Nach einer kurzen Lebensphase im Freiwasser („pelagisch“) gehen die jungen Seehechte vorübergehend zum Bodenleben in über 200 m Tiefe über. Bereits im September wechseln sie erneut den Lebensraum, diesmal in flacheres Wasser mit schlickigem Boden in etwa 75-120 m Tiefe. [499] [500]

Zusätzliche Informationen

Die Trennung der zwei Seehechtbestände im Nordost-Atlantik in einen nördlichen und einen südlichen Bestand basiert nicht auf biologischen Erkenntnissen. Genetische Unterschiede konnten nicht gefunden werden. Die angenommene Trennlinie ist der Cap Breton Canyon etwa an der Grenze zwischen Frankreich und Spanien. Der Canyon wird als geographische Schranke betrachtet, weil er möglicherweise den Austausch zwischen den Beständen verringert. Eine Vermischung der „Bestände“ in unbekanntem Umfang ist aber wahrscheinlich. [499] [500]

Zertifizierte Fischereien

Es ist bisher keine Fischerei auf diesen Bestand nach einem der gängigen Nachhaltigkeitsstandards zertifiziert. Drei Fischereien befinden sich im Bewertungsverfahren nach den Standards des Marine Stewardship Councils (MSC). [4]

Soziale Aspekte

Die Seehecht-Fischerei wird in verschiedenen gemischten Fischereien und daher auch mit verschiedenen Fahrzeugen aller Größen durchgeführt. Die Fahrzeuge fahren unter den Flaggen der jeweiligen Anrainerstaaten, die Arbeitsbedingungen an Bord und die Entlohnung erfolgt daher nach deren Regeln. Hauptfangnation ist Spanien. [13] [358]

AutorJahrTitelQuelle
[4]Marine Stewardship Council (MSC)Fisch und Meeresfrüchte aus zertifiziert nachhaltiger Fischereimsc.org
[7]Kaiser MJ, Ramsay K, Ramsay K, Richardson CA, Spence FE, Brand AR2000Chronic fishing disturbance has changed shelf sea benthic community structure Journal of Animal Ecology 69:494-503
[8]Hiddink JG, Jennings S, Kaiser MJ, Queirós AM, Duplisea DE, Piet GJ2006Cumulative impacts of seabed trawl disturbance on benthic biomass, production, and species richness in different habitats Canadian Journal of Fisheries and Aquatic Sciences 63:721-736
[13]Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE)Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) Homepageble.de
[14]Fisch-Informationszentrum e.V. (FIZ)Fisch-Informationszentrum e.V. Homepagefischinfo.de
[30]Food and Agriculture Organization (FAO)FAO. © 2003-2010. Fisheries Topics: Technology. Fish capture technology. In: FAO Fisheries and Aquaculture Department [online]. Rome. Updated 2006 15 09.[Cited 10 June 2010]fao.org
[326]ICES2011Report of the Arctic Fisheries Working Group (AFWG), 28 April - 4 May 2011, Hamburg, Germany. ICES CM 2011/ACOM:05. 659 pp. 1 Ecosystem considerationsices.dk
[357]ICES2011Report of the Advisory Committee, 2011. Book 9. Widely Distributed and Migratory Stocks. 9.4.1. Hake in Division IIIa, Subareas IV, VI, and VII, and Divisions VIIIa,b,d (Northern stock)ices.dk
[358]ICES2011Report of the Working Group on the Assessment of Southern Shelf stocks of Hake, Monk and Megrim (WGHMM), 5 - 11 May 2011, ICES Headquarters, Copenhagen. ICES CM 2011/ACOM:11.625 pp.3. Hake in Division IIIa, Subareas IV, VI and VII and Divisions VIIIa,b,d (Northern stock)ices.dk
[359]European Comission2004Verordnung (EG) Nr. 811/2004 des Rates vom 21.4.2004 zur Festlegung von Maßnahmen zur Wiederauffüllung des nördlichen Seehechtbestandseuropa.eu
[380]Europäische Union2012Verordnung (EU) Nr. 44/2012 des Rates vom 17. Januar 2012 zur Festsetzung der Fangmöglichkeiten im Jahr 2012 in EU-Gewässern und für EU-Schiffe in bestimmten Nicht-EU-Gewässern für bestimmte, über internationale Verhandlungen und Übereinkünfte regulierte Fischbestände und Bestandsgruppeneuropa.eu
[499]ICES2012Report of the Advisory Committee, 2012. Book 9. Widely Distributed and Migratory Stocks. 9.4.1. Hake in Division IIIa, Subareas IV, VI, and VII, and Divisions VIIIa,b,d (Northern stock)ices.dk
[500]ICES2012Report of the Working Group on the Assessment of Southern Shelf Stocks of Hake, Monk and Megrim (WGHMM), 10-16 May 2012, ICES Headquarters, Co-penhagen. ICES CM 2012/ACOM:11. 617 pp. 3. Hake in Division IIIa, Subareas IV, VI and VII and Divisions VIIIa,b,d (Northern stock)ices.dk