Bestandsdatenblatt

Sardine in Iberischen Gewässern

Gültig 12/2023 - 12/2024

Sardine in Iberischen Gewässern

gültig 12/2023 - 12/2024

Zugehörige Fischart

Sardine

Allgemeine Informationen

Ökoregion:Iberische Küste
Fanggebiet:Iberische Gewässer (8.c, 9.ab) (vorläufige Definition) FAO 27 (Nordostatlantik)
Art:Sardina pilchardus

Wissenschaftliche Begutachtung

Internationaler Rat für Meeresforschung (ICES), Kopenhagen, www.ices.dk

Methode, Frequenz

Jährliche analytische Bestandsberechnung mit Vorhersage unter Verwendung vollständiger Fangdaten und Daten unabhängiger wissenschaftlicher Forschungsreisen. Die Referenzpunkte nach Vorsorgeansatz (Bpa, Blim, Fpa, Flim) und dem Konzept zur Erlangung des höchstmöglichen nachhaltigen Dauerertrages (Fmsy, MSY-Btrigger) sind definiert. [1478] [1479]

Wesentliche Punkte

2023: Die Biomasse von Iberischer Sardine liegt weiterhin über dem Referenzwert zur Erlangung des höchstmöglichen nachhaltigen Dauerertrages (MSY Btrigger). Der Fischereidruck liegt nach den aktuellen Berechnungen unter dem MSY-Referenzwert (Fmsy). Der Bestand liegt also vollständig im grünen Bereich. [1478] [1479]

Bestands­zustand

Laicherbiomasse (Reproduktionskapazität)

  volle Reproduktionskapazität (nach Vorsorgeansatz)

  Referenzwerte nicht definiert (nach Managementplan)

  innerhalb der Schwankungsbreite um den Zielwert (nach höchstem Dauerertrag)

Fischereiliche Sterblichkeit

 nachhaltig bewirtschaftet (nach Vorsorgeansatz)
 

  Referenzwerte nicht definiert (nach Managementplan)

 angemessen (nach höchstem Dauerertrag)

Für die Klassifizierung des Bestandszustandes wird die Biomasse einjähriger und älterer Tiere verwendet, nicht die Laicherbiomasse.

Bestands­entwicklung

Anlandedaten für Sardinen in Iberischen Gewässern sind ab 1940 verfügbar. Bis Anfang der 1980er Jahre schwankten die Anlandungen zwischen knapp 100.000 und knapp 250.000 t, das Maximum wurde 1961 erreicht (246.000 t). Von 1985 bis 2019 war eine fast stetige Abnahme zu erkennen, erst 2021 nahmen die Anlandungen wieder zu. Die Biomasse einjähriger und älterer Tiere sank nach 2006 und lag 2011 bis einschließlich 2016 sogar unter dem Limitwert (Blim). Durch eine stärkere Nachwuchsproduktion 2019 kam es zu einem schnellen Anstieg der Biomasse über den Referenzwert zur Erlangung des höchstmöglichen nachhaltigen Dauerertrages (MSY Btrigger): Die Biomasse liegt seit 2020 wieder im grünen Bereich. Die fischereiliche Sterblichkeit schwankte über viele Jahre stark und lag immer wieder erheblich über dem Limitwert (Flim), hat seit dem Höchstwert von 2011 aber deutlich abgenommen und erreichte 2018 den grünen Bereich (unter Fmsy). Die Nachwuchsproduktion zeichnet sich durch unregelmäßig auftretende stärkere Jahrgänge aus, die in den letzten Jahren aber seltener auftreten. Der Bestand befand sich ab 2006 in einer Phase geringer Produktivität. Die Nachwuchsproduktion 2018-2022 war aber stärker als in den Vorjahren (2006-2017) und zeigt möglicherweise eine Phase höherer Produktivität an. 2023 war allerdings wieder ein schwaches Jahr. [1478] [1479]

Ausblick

Sardine in Iberischen Gewässern liegt vollständig im grünen Bereich. Aufgrund der schwachen Nachwuchsproduktion 2023 hat die Biomasse aber abgenommen und die Fangmengen müssten reduziert werden. Die Bewirtschaftung des Bestandes erfolgt jedoch nicht über eine internationale Höchstfangmenge (TAC) im Rahmen des EU-Fischereimanagements, sondern durch nationale Regelungen Spaniens und Portugals. [1478] [1479]

Umwelt­einflüsse auf den Bestand

Das Überleben der Sardinen-Nachkommen hängt stark von günstigen Umweltbedingungen ab, trotzdem tolerieren Sardinen einen weiten Temperaturbereich für Lebensraum und Laichgebiete. Die Intensität des Tiefenwasseraufstiegs (Auftrieb, upwelling) kann die Nachwuchsproduktion sowohl positiv als auch negativ beeinflussen. Werden die Larven in küstenferne Gebiete getrieben, sinkt ihre Überlebenschance. Ein Verbleib der Larven in Küstennähe im planktonreichen, hochproduktiven Gebiet erhöht ihre Überlebensfähigkeit. [1478] [1479]

Wer und Wie

Die Sardinen-Fischerei in Iberischen Gewässern wird im Rahmen eines bilateralen Abkommens zwischen Portugal und Spanien verwaltet. Die beiden Länder haben einen neuen mehrjährigen (2021 – 2026) Bewirtschaftungs- und Erholungsplan für den iberischen Sardinenbestand (ICES Gebiete 8.c und 9.a) entwickelt. Der ICES hat die allgemeine Befischungsregel (Harvest Control Rule, HCR) in diesem Plan bei maximal zulässigen Fangmengen zwischen 30.000 und 50.000 t als vorsorglich bewertet. Eine internationale Höchstfangmenge (TAC) wird nicht festgelegt, Portugal und Spanien einigen sich im Rahmen nationaler Quoten auf eine Gesamtfangmenge. Die Europäische Kommission forderte den ICES auf, die Fangempfehlung auf Basis des MSY-Ansatzes zu erstellen und die HCR in weitere Fangszenarien einzubeziehen. Die Bewirtschaftung erfolgt außerdem über nationale Regeln wie minimale Anlandelängen, maximale tägliche Fangmengen, saisonale Öffnungszeiten und Gebietsschließungen. [1478] [1479]

Differenz zwischen Wissen­schaft und Management

Eine internationale Höchstfangmenge (TAC) wird nicht festgelegt, Portugal und Spanien einigen sich im Rahmen nationaler Quoten auf eine Gesamtfangmenge. Diese basiert aktuell auf der Befischungsregel (HCR) im neuen Managementplan, die vom ICES als vorsorglich bewertet wurde (siehe auch unter „Wer & Wie“). Für 2023 wurde eine Gesamtfangmenge von 56.604 t festgelegt. Basierend auf den Fangdaten der letzten fünf Jahre, geht der ICES aber von einem zu erwartenden Gesamtfang von 50.000 t für 2023 aus. Vor 2021 lagen die Anlandungen meist über der wissenschaftlichen Empfehlung des ICES, insbesondere 2018 und 2019 als der ICES eine Schließung der Fischerei empfahl. [1478] [1479]

Karten

Verbreitungsgebiet

Managementgebiet

Dieser Sardinen-Bestand ist von der Straße von Gibraltar im Süden bis an die Grenze mit Frankreich im Norden verbreitet (ICES-Gebiete 8.c und 9.a). Diese Abgrenzung ist jedoch etwas willkürlich und basiert auf Managementaspekten. Wanderungen von Fischen zwischen den Gebieten 8.b und c sind möglich, ebenso wie zu den nordafrikanischen Gebieten. Die Bewirtschaftung erfolgt durch Portugal und Spanien (EU). Die Fanggebiete sind vorläufig definiert. [1478] [1479]

Anlandungen und TACs (in 1.000 t)

Gesamtfang2022: 40,4; davon 99% Ringwaden, 1% andere
TACsnicht festgelegt (nationale Quoten von Portugal und Spanien) [1478] [1479]

IUU-Fischerei

Es gibt keine Hinweise auf illegale oder unberichtete Fänge aus diesem Bestand. [1478] [1479]

Struktur und Fangmethode

Nahezu alle Fänge aus diesem Bestand werden von Spanien (2021: 13.838 t, 34 % der Anlandungen) und Portugal (2021: 26.851 t, 66 %) in einer Fischerei für den menschlichen Konsum getätigt. Es wird überwiegend mit Ringwaden gefischt (2022: 99 % der Fänge). Spanische Schiffe fischen auf Sardelle, Makrele, Sardine und Stöcker. Im Sommer wechselt ein Teil der Flotte zum Thunfischfang. In Portugal ist Sardine Hauptzielart, aber auch Stöcker und Sardelle werden angelandet. [1478] [1479]

Beifänge und Rückwürfe

Rückwurfmengen sind in der Fischerei auf diesen Sardinen-Bestand vernachlässigbar. In Jahren mit hoher Nachwuchsproduktion gibt es allerdings Hinweise auf „Slipping“ (Verwerfen des Fanges bevor das Netz an Bord genommen wird). Weitere Gründe für Slipping können fehlende Quote, falsche Größe oder gemischter Fang mit nicht marktfähiger Ware sein. Die Sterblichkeit der Rückwürfe beim Slipping ist sehr unterschiedlich und bisher nicht untersucht. In der Ringwadenfischerei auf Sardinen gibt es kaum Beifänge anderer Arten. [1478] [1479]

Einflüsse der Fischerei auf die Umwelt

Die Ringwadenfischerei wird in tiefem Wasser durchgeführt und hat keinen Einfluss auf den Meeresboden, da sie ihn nicht berührt. Daten von Beobachtern und Befragungen von Fischeren deuten auf einen geringen Einfluss auf Meeressäuger, Seevögel und Schildkröten hin. Die Auswirkungen dieser Fischerei auf das pelagische Ökosystem in Iberischen Gewässern wurden bisher nicht untersucht. Möglich ist ein Einfluss durch Veränderungen in den Räuber-Beute Verhältnissen aufgrund von Veränderungen in Häufigkeit, Größenstruktur und Verhalten der Sardinen. [30] [1478] [1479]

Biologische Besonder­heiten

Sardinen fressen sowohl tierisches auch pflanzliches Plankton. Außerdem werden auch die eigenen Eier gefressen. Diese Art von Kannibalismus dient wahrscheinlich dazu, die Bestandsdichte zu kontrollieren. [1478] [1479]

Zusätzliche Informationen

Die Iberische Sardine ist ein Futterfisch, der Nahrung für Raubfische, Meeressäuger und Seevögel darstellt. Sie ist eine der häufigsten Arten unter den sogenannten kleinen pelagischen Schwarmfischen in den westlichen Iberischen Gewässern. Futterfische wie die Sardine können als Beute die Menge ihrer Räuber (von unten nach oben, „bottom up“) oder als Räuber ihre Zooplankton-Beute (von oben nach unten, „top-down“) kontrollieren. Kontrollieren sie sowohl Räuber als auch Beute, stehen also als Regulator an zentraler Stelle des Nahrungsnetzes, spricht man von einer Wespentaillen-Kontrolle („wasp-waist-control“). Diese Arten werden dann auch als ökologische Schlüsselarten bezeichnet, und ihr Management muss besonders vorsichtig erfolgen (z.B. höherer MSY-Referenzwert (Bmsy, bzw. MSY Btrigger)), um den Einfluss der Fischerei auf das Ökosystem so gering wie möglich zu halten. [1478] [1479]

Zertifizierte Fischereien

Bisher ist keine Fischerei auf Sardine in Iberischen Gewässern nach einem der gängigen Nachhaltigkeitsstandards zertifiziert.

Soziale Aspekte

Die Sardinenfischerei an der Iberischen Küste wird von spanischen und portugiesischen Schiffen durchgeführt. Die Fahrzeuge fahren unter EU-Flaggen, die Arbeitsbedingungen an Bord und die Entlohnung erfolgt daher nach EU-Regeln. In Portugal hat diese Fischerei einen hohen sozio-ökonomischen Wert für den Fischerei-Sektor insgesamt (einschl. verarbeitender Industrie), da sie einen großen Teil der fischereilichen Produktion liefert und ein wichtiger Zulieferer für die Konservenindustrie ist. [13] [14] [1478] [1479]

Marktdaten

2022 (vorl.): Verbrauch in Deutschland: 9.085 t (2021: 9.351 t), Marktanteil (Fische, Krebse, Weichtiere): 0,8 % (2021: 0,8 %) [13] [14]

Anlandungen (in 1.000 t)Fänge (in 1.000 t)Laicherbiomasse (in 1.000 t)Laicherbiomasse ZustandFischereiliche SterblichkeitAnmerkungen (insbesondere Managementplan)Gültigkeit
Biskaya (8.abd) 26,4 26,4 65,7 - 12/2023 -
12/2024
Iberische Gewässer (8.c 9.a) 40,4 40,4 480,8 Klassifizierung des Bestandes über Biomasse, nicht Laicherbiomasse 12/2023 -
12/2024
Keltische See & Ärmelkanal (7) 14,2 14,2 - Biomasse nur als Index 12/2023 -
12/2024

Klassifizierung nach dem Ansatz des höchstmöglichen nachhaltigen Dauerertrages (MSY), durch den ICES bis 2020 oder analog zu dessen Einteilung:

SymbolBiomasseBewirtschaftung (fischereiliche Sterblichkeit)
innerhalb der Schwankungsbreite um den Zielwertangemessen oder unternutzt
außerhalb der Schwankungsbreite um den Zielwertübernutzt
Zustand unklar, Referenzpunkte nicht definiert und/oder unzureichende DatenZustand unklar, Referenzpunkte nicht definiert und/oder unzureichende Daten
AutorJahrTitelQuelle
[13]Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE)Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) Homepageble.de
[14]Fisch-Informationszentrum e.V. (FIZ)Fisch-Informationszentrum e.V. Homepagefischinfo.de
[30]Food and Agriculture Organization (FAO)FAO. © 2003-2010. Fisheries Topics: Technology. Fish capture technology. In: FAO Fisheries and Aquaculture Department [online]. Rome. Updated 2006 15 09.[Cited 10 June 2010]fao.org
[1478]ICES2023Sardine (Sardina pilchardus) in divisions 8.c and 9.a (Cantabrian Sea and Atlantic Iberian waters). In Report of the ICES Advisory Committee, 2023. ICES Advice 2023, pil.27.8c9a.https://doi.org/ 10.17895/ices.advice.21975209
[1479]ICES2024Working group on southern horse mackerel, anchovy and sardine (WGHANSA). ICES Scientific Reports. 5:67. 573 pp.https://doi.org/10.17895/ices.pub.23507922