Hering: Norwegischer Frühjahrslaicher
gültig 10/2010 - 10/2011
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Allgemeine Informationen
Ökoregion: | Barentsmeer (Nordost-Arktis), Norwegische See, Färöer-Plateau |
Fanggebiet: | Nordost-Arktis und Norwegische See (1, 2.ab) FAO 27 |
Art: | Clupea harengus |
Wissenschaftliche Begutachtung
Internationaler Rat für Meeresforschung (ICES), Kopenhagen, www.ices.dk
Methode, Frequenz
Jährliche analytische Bestandsberechnung mit Vorhersage unter Verwendung von Anlandedaten und acht unabhängigen wissenschaftlichen Forschungsreisen, die mehrere Lebensstadien abdecken. Rückwürfe gehen nicht in die Bestandsberechnungen ein. Nur drei von vier Referenzwerten nach dem Vorsorgeansatz sind definiert. Sie basieren auf der Biomasse-Nachwuchs-Relation. Die Referenzwerte zur Erlangung des höchsten Dauerertrages (Btrig, Fmsy) sind vorläufig. [108] [109] [113]
Wesentliche Punkte
2010: Aktuelle Informationen zur Geschlechtsreife und Häufigkeit aus diesjährigen Forschungsreisen ergeben sowohl historisch als auch aktuell niedrigere Werte für die Laicherbiomasse. Der Bestand liegt aber noch immer oberhalb aller festgelegten Biomassereferenzwerte. Die fischereiliche Sterblichkeit liegt nun jedoch über dem Ziel des Managementplans (Ftgt) und knapp über den Referenzwerten für Vorsorgeansatz und höchsten Dauerertrag (Fpa, Fmsy). Die korrigierten Rückberechnungen reichen nun nur noch bis 1988. [108] [109]
Bestandszustand
Laicherbiomasse (Reproduktionskapazität) |
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volle Reproduktionskapazität (nach Vorsorgeansatz) |
|
innerhalb der Schwankungsbreite um den Zielwert (nach höchstem Dauerertrag) |
Fischereiliche Sterblichkeit |
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nicht nachhaltig bewirtschaftet (nach Vorsorgeansatz) |
über dem Grenzwert (nach Managementplan) |
übernutzt (nach höchstem Dauerertrag) |
Bestandsentwicklung
Der norwegische Frühjahrslaicher gehört gemeinsam mit dem Isländischen Sommerlaicher zum Atlanto-skandischen Heringskomplex. Er ist einer der Bestände, für die es besonders lange Messdaten-Zeitreihen gibt. Bestandsberechnungen gehen zurück bis 1907, werden aber nach der Änderung der Berechnungsbasis in diesem Jahr nur noch ab 1988 angegeben. Der Bestand war für viele Länder eine wichtige Nahrungsquelle und daher Basis einer großen internationalen Fischerei. Die Gesamtfänge stiegen bis Mitte der 1960er Jahre nach Einführung der Ringwadenfischerei auf bis zu 2 Mio t jährlich, während die Laicherbiomasse schnell abnahm. Ende der 1960er Jahre kollabierte der Bestand im Jahr nachdem die höchste Fangmenge erzielt wurde. Es dauerte 20 Jahre, bis sich der Bestand in den späten 1980er Jahren erholte. Dies wurde hauptsächlich durch eine niedrig gehaltene fischereiliche Sterblichkeit erreicht. Der Bestand zeigt im Vergleich zu anderen Heringsbeständen eine hohe Variabilität in der Nachwuchsproduktion. Starke Jahrgänge in den frühen 1990ern verhalfen zu einem weiteren Anstieg der Laicherbiomasse. Der letzte starke Jahrgang trat 2004 auf. Die Forschungsreise im Mai 2010 ergab eine starke Abnahme der Bestandsgröße. Kombiniert mit neuen Berechnungsmethoden wird die Laicherbiomasse nun auch historisch um bis zu 25% niedriger berechnet als bisher. [20][22][40][109][113]
Ausblick
Die Bestandsgröße schwankt mit dem unregelmäßigen Auftreten starker Jahrgänge. Da es nach 2004 wahrscheinlich keinen starken Jahrgang mehr gab, hat der Bestand 2010 abgenommen, und es ist mit einer weiteren Abnahme der Biomasse zu rechnen, auch bei Einhaltung des Managementplans. Kurzfristig ist daher mit einer Reduzierung der erlaubten Fangmengen zu rechnen. [108] [109]
Umwelteinflüsse auf den Bestand
Der Bestand unternimmt weite Wanderungen im Nordost-Atlantik. Die Wandermuster haben sich seit den 1950er Jahren mehrfach geändert, was wahrscheinlich auf klimatische Veränderungen und Änderungen in der Zusammensetzung der Nahrungsorganismen zurückzuführen ist. Auch die Bestandsgröße hat einen Einfluss auf die Wanderrouten. Veränderungen in der Bestandsgröße gehen mit Klimaveränderungen einher. Die Zusammenhänge sind noch nicht genau geklärt, aber während warmer Perioden gibt es häufiger starke Jahrgänge. Auch die Lage der Arktischen Front scheint einen Einfluss auf die Verbreitung zu haben. Aktuell sind große Veränderungen der Überwinterungs- und Nahrungsgebiete zu beobachten, die auch einen Einfluss auf die Verteilung der Fischerei haben. Ab 1970 waren die norwegischen Fjorde Überwinterungsgebiete, seit 2001 verlagern sich diese aber vor die norwegische Küste und 2007 und 2009 wurden keine Heringe in den Fjorden beobachtet. Ebenfalls seit 2002 nimmt die durchschnittliche Zooplankton-Biomasse in der Norwegischen See ab, und der Fettgehalt im Sommer 2010 gefangener Heringe ist viel niedriger als in früheren Jahren. [108] [109] [22] [23] [36]
Wer und Wie
Das Management erfolgt nach einem durch alle Küstenstaaten (EU, Färöer Inseln, Island, Norwegen, Russland) 1999 eingeführten Langzeit-Management-Plan, der regelmäßig an die aktuellen ICES Empfehlungen angepasst werden soll. Der ICES betrachtet diesen Plan als in Übereinstimmung mit dem Vorsorgeansatz. [108] [109] [20]
Differenz zwischen Wissenschaft und Management
Trotz Management-Plan konnten sich die Küstenstaaten nicht immer einigen und haben in einigen Jahren autonome Quoten festgelegt. Deren Summe überschritt teilweise die wissenschaftlichen Empfehlungen. Erst seit 2007 decken sich Empfehlung und gesetzliche Höchstfangmenge (TAC). [108] [109] [18] [19]
Karten
Verbreitungsgebiet
Managementgebiet
Der norwegische Frühjahrslaicher wird als weit verbreiteter Bestand definiert. Er wird formal keinem bestimmten Gebiet zugeordnet und die Empfehlungen des ICES gelten für alle Gebiete, in denen er vorkommt. Im Moment tritt die Mehrheit des Bestandes in den Divisionen I und IIa, b auf. Kleinere Anteile sind in Va,b und XIVa verbreitet. In manchen Jahren mischt sich der Bestand in angrenzenden Gebieten mit anderen Heringbeständen. [109]
Anlandungen und TACs (in 1.000 t)
Gesamtfang | 2009: Anlandungen: 1.687, Rückwürfe: keine Angaben; überwiegend pelagische Schleppnetze und Ringwaden |
TACs | 2007: 1.280 2008: 1.518 2009: 1.642 2010: 1.483 [108] [18] [19] [21] |
IUU-Fischerei
Es gibt keine Hinweise auf relevante Mengen illegaler oder unberichteter Fänge aus diesem Bestand. [109]
Struktur und Fangmethode
Die Fischerei ist ganzjährig und rein pelagisch und folgt den Wanderungen des Bestandes von den Überwinterungs- und Laichgebieten entlang der norwegischen Küste zu den Sommerfraßgründen. In den letzten zwei Jahren verlagerten sich diese und damit auch die Fischerei immer weiter nach Südwesten in Richtung Island und Färöer Inseln. Hier werden die größten und ältesten Fische gefangen. Die norwegische Fischerei entlang der norwegischen Küste wird hauptsächlich mit Ringwaden durchgeführt. In der internationalen Hochseefischerei werden vor allem pelagische Schleppnetze eingesetzt. [108] [109]
Beifänge und Rückwürfe
Die Menge an Beifängen und Rückwürfen wird als gering angesehen. Seit 2006 wird in einigen Gebieten vermehrt Makrele gemischt mit Hering gefangen. Dieser Beifang wurde nicht auf die Quoten angerechnet. Es kommt außerdem das Verwerfen des gesamten Fanges vor (slipping), die Mengen und Überlebensraten sind aber nicht bekannt und gehen nicht in die Bestandsberechnung ein. Ab 2010 gilt außerhalb der EU-Gewässer ein generelles Rückwurfverbot. Innerhalb der EU ist nur slipping und highgrading (Rückwurf von marktfähiger Ware, solange die Quote noch nicht ausgeschöpft ist) verboten. [108]
Einflüsse der Fischerei auf die Umwelt
Pelagische Schleppnetzfischerei und Ringwadenfischerei haben geringe Beifänge von Nichtzielarten und beeinflussen den Meeresboden nicht, weil sie ihn nicht berühren. Unbeabsichtigte Einflüsse auf das Ökosystem sind, abgesehen von den Beifängen, die auch Junglachse und Meeressäuger umfassen können, nicht bekannt. [108]
Biologische Besonderheiten
Der Norwegische Frühjahrslaicher ist der größte Heringsbestand weltweit. Er ist weit verbreitet und wandert in seinem Leben über große Bereiche des Nordost-Atlantiks. Laichgründe sind vor allem an der norwegischen Westküste zu finden, wo die Eier von Februar bis März auf Fels, Kies oder Sand abgelegt werden. Die Verbreitung des Bestandes und die Veränderungen im Wandermuster sorgten immer wieder für Konflikte zwischen den beteiligten fischenden Nationen. Der Norwegische Frühjahrslaicher ist ein Bestand, der sich durch eine hohe Anzahl von Wirbelkörpern, eine große maximale Länge (40 cm), besondere Merkmale seiner Schuppen und eine große Variabilität in der Jahrgangsstärke auszeichnet. [108] [109] [14] [22] [37] [38]
Zusätzliche Informationen
Der Bestand ist eine wichtige Komponente des Ökosystems in der Barentssee, der Norwegischen See und der norwegischen Küste. Er ist ein Nahrungsbestandteil für größere Fische, Seevögel und Meeressäuger. Durch die derzeitige Bestandsgröße bietet er seinen Räubern viel Futter, ist aber selbst ein starker Nahrungskonkurrent zum Beispiel für blauen Wittling und Makrele und außerdem Räuber von Fischbrut.
Die Überwinterung der Heringe in den norwegischen Fjorden lockte Schwertwale an, die besonders im Tysfjord auf Heringsjagd gingen. Dieses Phänomen führte vor Ort zum Aufbau einer kleinen Walbeobachtungsindustrie. In den letzten Jahren zogen immer weniger Heringe in den Fjord, in einigen Jahren (2007, 2009) wurden gar keine beobachtet. Die Heringe bleiben nun vor der norwegischen Küste und mit ihnen auch die Wale. Walbeobachtungsboote müssen jetzt lange Strecken zurücklegen um Wale vor der Küste beobachten zu können. [108] [109]
Zertifizierte Fischereien
Fünf Fischereien auf Norwegischen Frühjahrslaicher sind nach den Standards des Marine Stewardship Councils zertifiziert (2010 ca. 68% der Anlandungen). [4] Siehe
www.msc.org/track-a-fishery/certified/north-east-atlantic/DPPO-Atlanto-Scandian-herring
www.msc.org/track-a-fishery/certified/north-east-atlantic/fpo-as-herring
www.msc.org/track-a-fishery/certified/north-east-atlantic/norway-spring-spawning-herring
www.msc.org/track-a-fishery/certified/north-east-atlantic/scottish-pelagic-sustainability-group-ltd-atlanto-scandian-herringwww.msc.org/track-a-fishery/certified/north-east-atlantic/pelagic-freezer-trawler-association-atlanto-scandian-herring
Soziale Aspekte
Die Fischerei auf den Norwegischen Frühjahrslaicher wird mit großen und größten Fahrzeugen durchgeführt. Die Fahrzeuge fahren unter den Flaggen der Anrainerstaaten, die Arbeitsbedingungen an Bord und die Entlohnung erfolgt daher nach deren Regeln. Besonders für Norwegen, welches die größte Quote hält (61%), ist die Heringsfischerei ein wichtiger Arbeitgeber. [13] [39]
Autor | Jahr | Titel | Quelle | |
---|---|---|---|---|
[4] | Marine Stewardship Council (MSC) | Fisch und Meeresfrüchte aus zertifiziert nachhaltiger Fischerei | msc.org | |
[13] | Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) | Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) Homepage | ble.de | |
[14] | Fisch-Informationszentrum e.V. (FIZ) | Fisch-Informationszentrum e.V. Homepage | fischinfo.de | |
[18] | Europäische Union (EU) | 2010 | Verordnung (EU) Nr. 219/2010 des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 53/2010 hinsichtlich der Fangmöglichkeiten für bestimmte Fischbestände und nach Abschluss der bilateralen Fischereivereinbarungen für 2010 mit Norwegen und den Färöern | europa.eu |
[19] | NEAFC | 2009 | North-East Atlantic fisheries commission, 2009, Rec 5: Herring | neafc.org |
[20] | Røttingen I | 2003 | The agreed recovery plan in the management of Norwegian spring-spawning herring | ICES CM 2003/U:01 |
[21] | 2010 | Agreed record of conclusions of fisheries consultations on the management of the Norwegian Spring-Spawning (Atlanto-Scandian) Herring stock in the North-East Atlantic for 2010 (London, 22 Oktober 2009) | ||
[22] | Sissener EH, Bjoerndal,T | 2005 | Climate change and the migratory pattern for Norwegian spring-spawning herring; implications for management | Marine Policy 29:299-309 |
[23] | Misund O, Vilhjalmsson H, Jakupsstovu S, Röttingen I, Belikov S, Asthorsson O, Blindheim J, Jonsson J, Krysov A, Malmberg S, Sveinbjornsson S | 1998 | Distribution, migration and abundance of Norwegian spring spawning herring in relation to the temperature and zooplankton biomass in the Norwegian Sea as recorded by coordinated surveys in Spring and Summer 1996 | Sarsia 83:117-127 |
[36] | Dragesund O, Hamre J, Ulltang Ø | 1980 | Biology and population dynamics of the norwegian spring-spawning herring | Rapp. P.-v.Reun.Cons. int. Explor. Mer 177:43-71 |
[37] | Havforskningsinstituttet, Norwegen | Online Portal des Havforskningsinstituttet (Institut für Meeresforschung), Norwegen | imr.no | |
[38] | Toresen R | 1991 | Predation on the eggs of Norwegian spring-spawning herring (Clupea harengus L.) on a spawning ground on the west coast of Norway | ICES Journal of Marine Science 48:15 21 |
[39] | Fischereiverwaltung, Norwegen | Online Portal des Fiskeridirektoratet (Fischereiverwaltung), Norwegen | fiskeridir.no | |
[40] | Johansen AC | 1919 | On the large spring-spawning sea herring (Clupea harengus) in the north-west european waters | Meddelelser Fra Kommissionen For Havundersögelser. Serie Fiskeri 5:1-56 |
[108] | ICES | 2010 | Report of the Advisory Committee, 2010. Book 9. Widely Distributed and Migratory Stocks. 9.4.5. Herring in the Northeast Atlantic (Norwegian spring-spawning herring) | ices.dk |
[109] | ICES | 2010 | Report of the Working Group on Widely Distributed Stocks (WGWIDE), 28 August - 3 September 2010, Vigo, Spain. ICES CM 2010/ACOM:15. 5 pp. 7. Norwegian spring spawning herring | ices.dk |
[113] | ICES | 2010 | Report of the Workshop on estimation of maturity ogive in Norwegian spring spawning herring (WKHERMAT), 1-3 March 2010, Bergen, Norway. ICES CM 2010/ACOM:51. 47 pp. | ices.dk |