Bestandsdatenblatt

Hering: Frühjahrslaicher westliche Ostsee

Gültig 05/2011 - 05/2012

Hering: Frühjahrslaicher westliche Ostsee

gültig 05/2011 - 05/2012

Zum aktuellen Bestandsdatenblatt

Zugehörige Fischart

Hering

Allgemeine Informationen


Ökoregion:Nordsee, Ostsee
Fanggebiet:westliche Ostsee (22-24), Skagerrak/Kattegat (20-21) FAO 27
Art:Clupea harengus

Wissenschaftliche Begutachtung

Internationaler Rat für Meeresforschung (ICES), Kopenhagen, www.ices.dk

Methode, Frequenz

Jährliche analytische Bestandsberechnung mit Vorhersage unter Verwendung vollständiger Fangdaten und zweier unabhängiger wissenschaftlicher Forschungsreisen, die alle Lebensstadien abdecken. Referenzpunkte sind nur nach dem Konzept des höchstmöglichen nachhaltigen Dauerertrages (Fmsy, Btrig) definiert. Referenzpunkte nach dem Vorsorgeansatz sind nicht festgelegt. [211] [251]

 

Wesentliche Punkte

2011: Die Laicherbiomasse ist, nach der starken Abnahme 2009-2010, im letzten Jahr fast stabil geblieben. Sie liegt somit noch immer unter dem Referenzwert zur Erlangung des höchsten Dauerertrages. Die fischereiliche Sterblichkeit konnte im letzten Jahr durch eine Reduzierung der Fangmengen stark gesenkt werden. Die letzten Nachwuchsjahrgänge 2009 und 2010 erscheinen stärker als die vorangehenden, der Wert für 2009 musste aber stark nach unten korrigiert werden. [211] [251]

 

Bestands­zustand

Laicherbiomasse (Reproduktionskapazität)

 Referenzwerte nicht definiert (nach Vorsorgeansatz)

  Referenzwerte nicht definiert (nach Managementplan)

  außerhalb der Schwankungsbreite um den Zielwert (nach höchstem Dauerertrag)

 

Fischereiliche Sterblichkeit

  Referenzwerte nicht definiert (nach Vorsorgeansatz)

 Referenzwerte nicht definiert (nach Managementplan)

  übernutzt (nach höchstem Dauerertrag)

 

Bestands­entwicklung

Die Zeitserie für diesen Bestand ist vergleichsweise kurz, weil erst ab Anfang der 1990er Jahre Methoden zur Trennung der beiden im Kattegat und Skagerrak gemischten Bestände (Nord- und Ostseehering) zur Verfügung stehen. In diesem Zeitraum hat die Laicherbiomasse (SSB) zunächst stark abgenommen, konnte aber ab 1996 stabilisiert werden. Seit 2007 ist die Laicherbiomasse wegen der ab 2003 plötzlich nachlassenden Nachwuchsproduktion erneut gesunken, hat sich 2011 aber auf dem niedrigsten Wert der Zeitserie stabilisiert. Die fischereiliche Sterblichkeit lag in den meisten Jahren mit 0,35 bis 0,8 für einen Schwarmfischbestand sehr hoch, hat im Jahr 2010 aber stark abgenommen. Die jüngste Abnahme der Laicherbiomasse wurde vor allem durch eine nachlassende Nachwuchsproduktion zwischen 2004 und 2008 verursacht – eine natürliche Schwankung. [211] [251]

 

Ausblick

Der ICES empfiehlt für 2012 eine weitere geringe Reduzierung der Gesamtfänge aus diesem Bestand. Mit dem Einwachsen der stärkeren Jahrgänge 2009 und 2010 ist ab 2013 wieder mit steigenden Fangmengen zu rechnen. [211]

 

Umwelt­einflüsse auf den Bestand

Zwischen 2004 und 2008 produzierte dieser Bestand immer schwächer werdende Nachwuchsjahrgänge. Offenbar lieferte die immer noch ausreichende Anzahl erwachsener Fische nur noch unzureichende Mengen an Larven. Die Ursachen hierfür sind noch nicht bekannt, es deutet aber alles auf natürliche, möglicherweise klimainduzierte und in der südlichen Ostsee wirkende Ursachen. [211] [251]

 

Wer und Wie

erfolgt gemeinsam durch die Europäische Union und (im Norden) Norwegen, jeweils getrennt für die drei Managementgebiete westliche Ostsee (22-24), Skagerrak/Kattegat (IIIa) und Nordsee (IV) und durch Höchstfangmengen (TACs). Diese werden für alle vier im Verbreitungsgebiet operierenden Flotten mit Fängen aus diesem Bestand festgelegt. Drei Flotten fischen für den menschlichen Konsum (Flotte F in 22-24, Flotte C in IIIa, Flotte A in IV), eine für industrielle Zwecke (für die Fischmehl- und Fischölproduktion (Flotte D in IIIa)). Ein Managementplan für alle pelagischen Bestände der Ostsee ist seit 2008 in Entwicklung, aber auch für 2010 nicht implementiert worden. [211] [251]

 

Differenz zwischen Wissen­schaft und Management

Viele Jahre entsprachen die festgesetzten Höchstfangmengen der wissenschaftlichen Empfehlung, in den letzten vier Jahren sind die Fangmengen jedoch erheblich höher festgesetzt worden als empfohlen, genau zu der Zeit, in der schnell auf die sinkende Nachwuchsproduktion reagiert werden sollte. [211] [251]

 

Karten

Verbreitungsgebiet

Managementgebiet

Der Bestand ist in drei verschiedenen Managementgebieten verbreitet: der westlichen Ostsee (22-24), dem Skagerrak/Kattegat (IIIa) und der Nordsee (IV). Für alle drei Gebiete gelten separate TACs. In den beiden letzten Gebieten werden Nordsee-Herbstlaicher gemischt mit Frühjahrslaichern der Westlichen Ostsee gefangen. Menge und Anteil variieren und können nicht genau vorhergesagt werden. [211] [251]

 

Anlandungen und TACs (in 1.000 t)

Gesamtfang2010: 42,2 (nur Frühjahrslaicher, alle Managementgebiete)
TACs (22-24/IIIa)2007: 49,5/69,0  2008: 45,0/51,7  2009: 27,2/37,7  2010: 22,7/33,9  
2011: 15,9/30,0  (incl. Nordseehering in IIIa) [167] [211] [141]

IUU-Fischerei

Über viele Jahre wurden eigentlich in der Nordsee getätigte Heringsfänge in das Skagerrak fehlberichtet. Durch eine Änderung der Regularien scheint diese Praxis seit 2009 unterbunden worden zu sein, was insgesamt zu höheren Fängen aus diesem Bestand führte. Es gibt keine Hinweise mehr auf erhebliche Mengen illegaler oder unberichteter Fänge aus diesem Bestand. [211] [251]

 

Struktur und Fangmethode

Alle Ostsee-Anrainerstaaten unterhalten gerichtete Fischereien auf Hering der westlichen Ostsee, vor allem durch kleinste bis kleinere Fahrzeuge mit Stell- oder pelagischen Schleppnetzen. Die Heringe werden überwiegend für den menschlichen Konsum gefangen (Flotte F in 22-24; Flotte C in IIIa, Flotte A in IV), aber auch als Beifang in der Industriefischerei im Norden angelandet (Flotte D in IIIa). [211]

 

Beifänge und Rückwürfe

Rückwürfe scheinen in keiner der Fischereien ein Problem zu sein, die Stellnetzfischereien sind hochselektiv. Allerdings kann es in Abhängigkeit von Jahreszeit und Fangplatz in der Schleppnetzfischerei zu Beifängen von Sprotten und in der stillen Fischerei zu Beifängen von Seevögeln und Meeressäugern kommen. [211] [97] [208]

 

Einflüsse der Fischerei auf die Umwelt

Pelagische Schleppnetz- und Stellnetzfischereien beeinflussen der Meeresboden kaum (weil sie ihn in der Regel nicht berühren). Potentiell problematisch können Beifänge von Seevögeln und Meeressäugern in Stellnetzen sein. [211] [30] [97] [208]

 

Biologische Besonder­heiten

Anders als die meisten anderen Heringsbestände im Nordost-Atlantik laicht dieser auf Großalgen und Seegräsern (Makrophyten) im Küstenbereich. Mit Abstand wichtigstes Laichgebiet dieses Bestandes ist der Greifswalder Bodden (zwischen Rügen und dem vorpommerschen Festland). Diese Konzentration ermöglicht es, mit Hilfe eines Larvensurveys schon sehr früh Kenntnisse über die Stärke von Nachwuchsjahrgängen zu erlangen, die erst in 2-3 Jahren von der Fischerei erfasst werden. Außerdem ist der Hering auf den Laichplätzen für die Fischerei gut zugänglich.
Nach dem Ablaichen im März bis Mai wandern erwachsene Heringe dieses Bestandes in das Kattegat und Skagerrak und bis in die östliche Nordsee auf die Nahrungsgründe. Hier vermischen sie sich mit dem herbstlaichenden Hering der Nordsee und werden mit diesem auch gemeinsam gefangen, was die Bestandsberechnung erheblich erschwert. [211] [251] [88]

Zusätzliche Informationen

Der Hering der westlichen Ostsee ist eher schlank und kleinwüchsig und eignet sich daher besonders für die Marinadenproduktion. Für die Herstellung von Rollmops und Kronsild gibt es keine alternativen Rohwaren-Quellen, daher sind die Anlandeerlöse bei deutlich sinkenden Fangmengen in den letzten beiden Jahren stark gestiegen. [14]

 

Zertifizierte Fischereien

Bislang ist keine Fischerei auf Hering der westlichen Ostsee nach einem der gängigen Nachhaltigkeitsstandards zertifiziert, eine deutsche und eine schwedische Fischerei befinden sich jedoch im Bewertungsverfahren nach den Kriterien des Marine Stewardship Councils. [4] Siehe
http://www.msc.org/track-a-fishery/in-assessment/north-east-atlantic/western-baltic-spring-spawning-herring
http://www.msc.org/track-a-fishery/in-assessment/north-east-atlantic/sppo-baltic-herring-and-sprats
Eine Heringsfischerei, die vor allem in der Nordsee operiert, trägt das MSC-Siegel auch für Beifänge des Herings der westlichen Ostsee im Skagerrak und Kattegat
http://www.msc.org/track-a-fishery/certified/north-east-atlantic/norway-north-sea-and-skagerrak-herring

 

Soziale Aspekte

Die Heringsfischerei in der Ostsee wird mit Fahrzeugen verschiedener Größe durchgeführt. In der westlichen Ostsee spielen kleine und kleinste Fahrzeugen eine wichtige Rolle. Diese Fischereibetriebe haben erhebliche Bedeutung für die strukturschwachen Gebiete an den Küsten der Anrainerstaaten. Die Fahrzeuge fahren unter EU- oder norwegischer Flagge, die Arbeitsbedingungen an Bord und die Entlohnung erfolgen daher nach deren Regeln. [13] [211]

 

AutorJahrTitelQuelle
[4]Marine Stewardship Council (MSC)Fisch und Meeresfrüchte aus zertifiziert nachhaltiger Fischereimsc.org
[13]Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE)Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) Homepageble.de
[14]Fisch-Informationszentrum e.V. (FIZ)Fisch-Informationszentrum e.V. Homepagefischinfo.de
[30]Food and Agriculture Organization (FAO)FAO. © 2003-2010. Fisheries Topics: Technology. Fish capture technology. In: FAO Fisheries and Aquaculture Department [online]. Rome. Updated 2006 15 09.[Cited 10 June 2010]fao.org
[88]Aneer G1989Herring (Clupea harengus L.) spawning and spawning ground characteristics in the Baltic Sea Fisheries Research 8:169-195
[97]Zydelis R, Bellebaum J, Österblom H, Vetemaa M, Schirmeister B, Stipniece A, Dagys M, van Eerden M, Garthe S2009Bycatch in gillnet fisheries – An overlooked threat to waterbird populations Biological Conservation 142:1269–1281
[141]Europäische Union (EU)2010Verordnung (EU) Nr. 1124/2010 des Rates vom 29. November 2010 zur Festsetzung der Fangmöglichkeiten für bestimmte Fischbestände und Bestandsgruppen in der Ostsee (2011)europa.eu
[167]Europäische Union (EU)2011Verordnung (EU) Nr. 57/2011 des Rates vom 18. Januar 2011 zur Festsetzung der Fangmöglichkeiten für bestimmte Fischbestände und Bestandsgruppen in den EU-Gewässern sowie für EU-Schiffe in bestimmten Nicht-EU-Gewässern (2011)europa.eu
[208]Bellebaum, J2011Untersuchung und Bewertung des Beifangs von Seevögeln durch die passive Meeresfischerei in der Ostsee. BfN-Skripten 295 Bundesamt für Naturschutz, ISBN 978-3-89624-030-9, www.bfn.de
[211]ICES2011Report of the Advisory Committee, 2011. Book 6. North Sea. 6.4.15. Herring in Division IIIa and Subdivisions 22–24 (Western Baltic spring spawners)ices.dk
[251]ICES2011Report of the Herring Assessment Working Group for the area South of 62 deg N (HAWG), 16 - 24 March 2011, ICES Headquarters, Copenhagen. ICES CM 2011/ACOM:06 .749 pp. 3 Herring in Division IIIa and Subdivisions 22–24ices.dk