Bestandsdatenblatt

Ostsee-Sprotte

Gültig 05/2011 - 05/2012

Ostsee-Sprotte

gültig 05/2011 - 05/2012

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Andere Bestände

Nordsee-Sprotte

Zugehörige Fischart

Sprotte

Allgemeine Informationen


Ökoregion:Ostsee
Fanggebiet:Ostsee (22-32) FAO 27
Art:Sprattus sprattus

Wissenschaftliche Begutachtung

Internationaler Rat für Meeresforschung (ICES), Kopenhagen, www.ices.dk

Methode, Frequenz

Jährliche analytische Bestandsberechnung mit Vorhersage unter Verwendung vollständiger Fangdaten und drei unabhängigen wissenschaftlichen Forschungsreisen (Hydroakustik). Aufgrund langfristiger Veränderungen von Umweltbedingungen und Nahrungsgefüge ist der Vorsorgereferenzwert für die Biomasse nicht mehr verwendbar. Nur die Referenzpunkte für die fischereiliche Sterblichkeit nach Vorsorgeansatz (Fpa) und nach dem Konzept des höchstmöglichen nachhaltigen Dauerertrages (Fmsy) sind definiert. [209]

Wesentliche Punkte

2011: Erwartungsgemäß reagiert der derzeit noch starke Sprottbestand der Ostsee auf den erhöhten Nahrungsbedarf eines schnell wachsenden Dorschbestandes. Die Sprottbiomasse nimmt daher schnell ab und die natürliche Sterblichkeit zu, da Sprotte ein wesentliches Beutetier des Dorsches ist. Die fischereiliche Sterblichkeit ist im letzten Jahr von einem Rekordwert gesunken und liegt noch knapp über dem Vorsorgereferenzwert (Fpa), der Bestand wird also nicht nachhaltig bewirtschaftet. [209]

Bestands­zustand

Laicherbiomasse (Reproduktionskapazität)

    Referenzwerte nicht definiert (nach Vorsorgeansatz)

  Referenzwerte nicht definiert (nach Managementplan)

  Referenzwerte nicht definiert (nach höchstem Dauerertrag)

 

Fischereiliche Sterblichkeit

  nicht nachhaltig bewirtschaftet (nach Vorsorgeansatz)

  Referenzwerte nicht definiert (nach Managementplan)

  übernutzt (nach höchstem Dauerertrag)

 

Bestands­entwicklung

Die Größe des Sprottbestandes in der Ostsee hängt über Räuber-Beute Beziehungen entscheidend von der Größe des Dorschbestandes ab. Aufgrund der seit Ende der 1980er Jahre abnehmenden Dorschbiomasse und günstigen Bedingungen für die Nachwuchsproduktion für Sprotte wuchs der Bestand stark an und erreichte 1996 mit fast 1,7 Mio. Tonnen ein historisches Hoch. In den folgenden Jahren sank die Bestandsgröße, schwankt seit 2003 auf vergleichsweise hohem Niveau, nimmt aber im Moment ab. Die fischereiliche Sterblichkeit (F) nahm in den 1990ern parallel mit den steigenden Fangmengen zu und liegt seit 1997 fast ununterbrochen oberhalb des Vorsorge-Referenzwertes. Die Nachwuchsproduktion schwankt stark mit den klimatischen Bedingungen. [209] [93] [213]

Ausblick

Durch den steigenden Wegfraß durch Dorsche und die dadurch abnehmende Biomasse wird sich mittelfristig die für die menschliche Entnahme zur Verfügung stehende Menge weiter verringern. Der ICES empfiehlt eine Senkung der Fangmenge für 2012 um 25%. [209]

Umwelt­einflüsse auf den Bestand

Sprotte lebt in der Ostsee an ihrer nördlichen Verbreitungsgrenze, und klimatische Faktoren können sich vor allem auf den Reproduktionserfolg auswirken, der von hohen Wassertemperaturen und milden Wintern gefördert wird. Bei höheren Temperaturen ist die Sterblichkeit der Eier geringer und die Häufigkeit bevorzugter Nahrungsorganismen nimmt zu. Die Biomasse der Sprotten hängt außerdem stark von der Räuber-Beute Beziehung zum Dorsch ab („Dorsch-Sprott-Schaukel“, siehe auch unter „Biologische Besonderheiten“). [209] [93] [142] [213]

Wer und Wie

Die Bewirtschaftung von Sprotte in der Ostsee erfolgt über Quoten und Maschenweitenregulierung. Seit Auflösung der „International Baltic Sea Fishery Commission“ (IBSFC) und Aufgabe des IBSFC-Managementplanes 2006 legen die Europäische Union und Russland autonome Quoten fest. Ein Managementplan für alle pelagischen Bestände der Ostsee ist seit 2008 in Entwicklung, aber auch 2010 nicht implementiert worden. [209]

Differenz zwischen Wissen­schaft und Management

Die festgesetzten Fangmengen (TACs) bzw. ab 2007 die EU-Quote lagen mit wenigen Ausnahme immer über den wissenschaftlichen Empfehlungen des ICES. Die Differenz zwischen Empfehlungen und TACs war allerdings sehr unterschiedlich. Die TACs bzw. Quoten wurden mit Ausnahme von 2009 nie ausgefischt. [209]

Karten

Verbreitungsgebiet

Managementgebiet

Der Bestand ist in der gesamten Ostsee verbreitet. Die Bewirtschaftung erfolgt seit 2007 getrennt durch die EU und Russland (EU-AWZ rot, Russische AWZ gelb). [209]

Anlandungen und TACs (in 1.000 t)

Gesamtfang2010: 342 (davon Russland 25,6 in Gebiet 26); überwiegend pelagische Schleppnetze
Quote EU/Russland2007: 454/? 2008: 454/? 2009: 399/? 2010: 380/40 2011: 289/34 [209] [141]

IUU-Fischerei

Es gibt keine Hinweise auf illegale oder unberichtete Fänge aus diesem Bestand. Durch die gemischte Fischerei mit Hering kann es zu falschberichteten Fangzusammensetzungen kommen, zumal die Heringsquote meist ausgefischt wird, die Sprottquote jedoch nicht. Die Anlandung gemischter Hering-Sprott-Fänge ist in der EU verboten. Es gibt keine Informationen über die Menge der falschberichteten Fänge. [209] [213]

Struktur und Fangmethode

Alle Ostsee-Anrainerstaaten unterhalten gerichtete Fischereien auf Ostseesprotte. Zum Einsatz kommen vor allem kleine und mittlere Fangschiffe, in einigen Ländern auch Schiffe über 40m Länge. Hauptfanggerät sind pelagische Schleppnetze. Die Sprottfischerei findet das ganze Jahr über statt, Hauptsaison liegt jedoch in der ersten Jahreshälfte, sofern es die Eisbedeckung zulässt. Die Sprotten werden für die Fischmehlproduktion und den menschlichen Konsum angelandet. [209] [213]

Beifänge und Rückwürfe

Rückwürfe sind in der Sprottfischerei vernachlässigbar, denn kleine Tiere und mindere Qualität werden in die Fischmehlproduktion gegeben. Daten zur Menge der Rückwürfe stehen derzeit noch nicht zur Verfügung. Je nach Saison und Gebiet kann es in der Sprottfischerei zu Heringsbeifängen kommen. [209] [213]

Einflüsse der Fischerei auf die Umwelt

Die Sprotte ist gemeinsam mit Hering eine Hauptnahrungsquelle für Dorsch. Die Sprottfischerei kann daher indirekt den Dorschbestand beeinflussen. Pelagische Schleppnetzfischerei beeinflusst den Meeresboden kaum (weil sie ihn in der Regel nicht berührt). [209] [30]

Biologische Besonder­heiten

Ein wichtiger Faktor mit Einfluss auf die Bestandsgröße der Sprotte ist die Größe des Dorschbestandes. Beide Bestände beeinflussen sich gegenseitig über ihre Räuber-Beute-Beziehung. Es entsteht die sogenannte „Dorsch-Sprott-Schaukel“, in der entweder der eine oder der andere Bestand dominiert. Als eine der wesentlichen Beutearten des erwachsenen Dorschs hat die Sprotte lange Zeit direkt vom schlechten Zustand der Dorschbestände profitiert. Hohe Wassertemperaturen und milde Winter haben die Nachwuchsproduktion der Sprotte zusätzlich gefördert. Infolgedessen ist der Sprottbestand der Ostsee in den letzten zehn Jahren auf ein hohes Niveau angewachsen und konkurrierte mit den verbliebenen Dorschlarven um deren bevorzugte Nahrung. Außerdem fraßen die erwachsenen Sprotten die ohnehin nur noch spärlich vorhandenen Dorscheier und hatten aufgrund ihrer enormen Anzahl plötzlich einen zusätzlichen negativen Effekt auf den Dorschbestand. Mit dem ansteigendem Dorschbestand nimmt die Sprottbiomasse wieder deutlich ab. [93] [209] [142] [213]

Zusätzliche Informationen

Sprotten sind in der gesamten Ostsee verbreitet, hohe Konzentrationen von Jungtieren werden küstennah und besonders in der Nähe von Flussmündungen gefunden, wo sich Süß- und Meerwasser mischen. Sowohl im offenen Meer, als auch küstennah treten das ganze Jahr über gemischte Schwärme von Hering und Sprott auf. [209]

Zertifizierte Fischereien

Bislang ist keine Fischerei auf Sprotte in der Ostsee nach einem der gängigen Nachhaltigkeitsstandards zertifiziert. Eine Fischerei befindet sich in der Bewertung. [4]

Soziale Aspekte

Die Sprottfischerei in der Ostsee wird zum großen Teil mit kleinen und kleinsten Fahrzeugen durchgeführt. Diese Fischereibetriebe haben erhebliche Bedeutung für die strukturschwachen Gebiete an den Küsten der Anrainerstaaten. Deutschland landet den größten Teil seiner Fänge in auswärtigen Häfen an (2009 95 %). Die Arbeitsbedingungen an Bord und die Entlohnung erfolgen nach Landesregeln. [13] [209]

AutorJahrTitelQuelle
[4]Marine Stewardship Council (MSC)Fisch und Meeresfrüchte aus zertifiziert nachhaltiger Fischereimsc.org
[13]Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE)Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) Homepageble.de
[14]Fisch-Informationszentrum e.V. (FIZ)Fisch-Informationszentrum e.V. Homepagefischinfo.de
[30]Food and Agriculture Organization (FAO)FAO. © 2003-2010. Fisheries Topics: Technology. Fish capture technology. In: FAO Fisheries and Aquaculture Department [online]. Rome. Updated 2006 15 09.[Cited 10 June 2010]fao.org
[93]Möllmann C, Kornilovs G, Fetter M, Köster FW2005Climate, zooplankton, and pelagic fish growth in the central Baltic Sea ICES Journal of Marine Science 62: 1270-1280
[141]Europäische Union (EU)2010Verordnung (EU) Nr. 1124/2010 des Rates vom 29. November 2010 zur Festsetzung der Fangmöglichkeiten für bestimmte Fischbestände und Bestandsgruppen in der Ostsee (2011)europa.eu
[142]Steputtis D, Hinrichsen H-H, Böttcher U, Götze E, Mohrholz V2010An example of meso-scale hydrographic features in the central Baltic Sea and their influence on the distribution and vertical migration of sprat, Sprattus sprattus balticus (Schn.) Fisheries Oceanography, 20 (1): 82–88
[209]ICES2011Report of the Advisory Committee, 2011. Book 8. Baltic Sea. 8.4.8. Sprat in Subdivisions 22–32 (Baltic Sea)ices.dk
[213]ICES2011Report of the Baltic Fisheries Assessment Working Group (WGBFAS), 12 - 19 April, ICES Headquarters, Copenhagen. ICES CM 2011/ACOM:10. 785pp. 7 Sprat in Subdivisions 22-32 (update assessment)ices.dk