Die Größe von Fischbeständen wird möglicherweise systematisch überschätzt – mit dramatischen Folgen für das Fischereimanagement. Das haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Graham J. Edgar in einer aktuellen Studie thematisiert. Sie ist zusammen mit einem Kommentar von Rainer Froese und Daniel Pauly am 22. August 2024 in der Fachzeitschrift Science erschienen.
Werden die Fischbestände zu positiv berechnet?
In einem Faktencheck klären Wissenschaftler des Thünen-Institutes, ob die Ergebnisse auf die Fischbestände des Nordost-Atlantiks zutreffen und ob die vorgeschlagenen Lösungen anwendbar sind.
Ihr Fazit: Die Studie von Edgar et al. liefert einen wichtigen Diskussionsbeitrag zur Verbesserung von Bestandsmodellen für das Fischereimanagement. Die Methode ist nicht neu, liefert aber insofern überraschende Ergebnisse, als dass eine systematische Überschätzung der Bestände bisher nicht beobachtet wurde. Die Studie springt in der Analyse der Ursachen für die systematische Überschätzung der Biomassen in den Modellen allerdings deutlich zu kurz und bewertet daher das Ergebnis über. Die systematische Abweichung wird als ein universelles, ungelöstes Problem dargestellt. In verschiedenen Meeresregionen stimmt dies aber nicht mehr, weil entsprechende Korrekturen schon greifen, etwa beim ICES für den Nordost-Atlantik inklusive der Nord- und Ostsee. Das Fehlen einer Untersuchung der Ursachen für die beobachtete systematische Abweichung öffnet Räume für bewusste und unbewusste Fehlinterpretationen, um damit z.B. politische Ziele zu erreichen. Das ist schade, denn die Studie liefert interessante Ergebnisse, die den Kern von Wissenschaft ausmachen – erzielte Ergebnisse immer wieder zu hinterfragen und mit neuen Erkenntnissen sich herauszufordern, besser zu werden. Die Forderung von Froese und Pauly, in Zukunft einfachere Modelle für Bestandsberechnungen zu verwenden, um die Probleme bei den systematischen Über- und Unterschätzungen zu lösen, ist von den Ergebnissen der Studie nicht gedeckt und praktisch in seriöser Wissenschaft nicht umsetzbar.
Lesen Sie hier den vollständigen Faktencheck auf der Webseite des Thünen-Institutes: